Montag, 15. April 2013

Androgyn

Man sieht nicht schlecht aus. Es hätte mich schlimmer treffen können, aber das was man ein Bild von Mann nennt bin ich nicht gerade. Ich bin blond, bartlos, fühle mich nicht gerade hart, eher weich und ich mag dazu eher Frauen, die Kanten haben, also auch eher androgyn sind. In aller Regel ist diese Frau dann härter als ich, so dass ich noch weicher werde. 

Ich bin nicht dieses Ideal, aber wer ist das schon. Ich konnte das auch immer gut akzeptieren, eigentlich. Doch dann habe ich eben meine Frau verloren und wusste dann nicht mehr zu kompensieren. Ich bin interessant, nicht gerade langweilig, aber es hat nicht gereicht. Ich muss damit leben.

Meine Frau fährt zudem auf MacBooks ab, trägt RayBan-Sonnenbrille, trinkt Heineken, Rothaus und Almudler. Sie schmückt sich gern mit schönem teurem Kram. Ich kann das nicht verstehen, dabei ist sie doch so intelligent. Sie hat eben etwas mehr Glück gehabt.

Und dann das Genderding, die Geschlechter. Eigentlich sehe wir es alle gleich, haben mit ähnlichen Problemen zu kämpfen und doch sieht eine Frau eben ganz anders aus. Sie kleidet sich ganz anders, sie schminkt sich. Ein Mann tut das nicht. Das Genderding ist ein Wunder und ich tue mich schwer damit, anstatt es einfach zu akzeptieren. Ich habe keine Problem mit Frauen, aber dieses Wunder Mann/Frau stört mich. Ich komme da nicht weiter. Dieses Problem ist unendlich und es macht eigentlich nie Sinn. Und zum Schluss kann man das Wunder einfach abhaken und man ist nicht schlauer als vorher, sondern genauso schlau wie zu Anfang oder wie noch zu Kindertagen. Sowieso hätte auch die Frau Problem damit, das zu verstehen, wenn sich die Frau diesem rätselhaften Wunder stellen würde. Das Ding ist aber, das ich dabei schnell eifersüchtig werde und mich verliere in diesen wundersamen Gedanken. Dabei ist es wohl eigentlich ganz einfach. Es bleibt zwar besonders und Mann und Frau leben getrennt und Gleichgeschlechtliche eben homogener, doch der Mann wie auch die Frau streben wohl nach Vereinigung, nach Symbiose und Aufhebung ihrer Geschlechter. Das Getrenntsein aufzulösen.

Ich will verstehen, aber da gibt es nichts zu verstehen. Es ist einfach so. Wenn es da was gebe, hätte man wohl davon gehört und die Welt würde dann anders ticken. Als gebe es eine Bewusstseinsrevulotion, aber die hat es nie gegeben. Ja, viele Moslems packen ihre Frau in ein Kopftuch und da ist eben auch was dran, das unsere Geschlechter unterschiedlich sind, aber eigentlich ist das dann doch wieder voll egal. Ist eben so und mehr kann man sich eigentlich nicht dabei denken. Ja, gibt Unterschiede, aber es ist banal, das wusste man auch schon im Kindergarten. Und was nutzt mir das Wissen über die Geschlechter, wenn sich danach in aller Welt nichts ändert?

Es ist ein Wunder. Genauso wie die Gestirne und das Universum ein Wunder sind. So wie die Geburt ein Wunder ist, so sind auch die zwei sich unterscheidenden Geschlechter ein Wunder. Sie sind etwas Besonderes, ja, aber es ist genauso auch banal. War doch schon immer so gewesen und ist nie etwas Neues gewesen. 

Es geht um keine Rollenverteilung, sondern einfach darum, dass wir uns wahrscheinlich anders fühlen in unseren Körpern. Wir haben auch andere Stimmen und daraus abgeleitet ergeben sich andere Muster. 

Auch ich lege Wert auf Geschmack und auf mein eigenes gutes Aussehen, aber viele Frauen machen das nochmal anders und eine Frau sieht den Mann auch anders. 
Ich selbst dachte es reicht, gut auszusehen, aber für eine Frau gehört oft mehr dazu. Für viele Frauen soll ein Mann auch nach einem Mann riechen, wie ein Mann gebaut sein. Einen Bart haben, eine maskuline Stimme haben, ein Rocker sein. Viele Frauen sehen dann gar nicht mehr, dass auch ein Mann Schwierigkeiten damit hat, sich durchzusetzen und Standhaft zu bleiben oder zu werden. 
Meine innere Stimme, die in meinem Kopf muss auch genauso kämpfen, wie die in einem Frauenkopf, aber viele Frauen glauben dann, der Mann sei das immerstarke Geschlecht  als sei das Standard und in die Wiege gelegt. So schaut sich so manche Frau genau nach so einem Typus um, der ihrem Ideal entspricht. Wie sie ihn aus dem Fernseher kennt, aus Büchern, aus der Musik oder wie sie ihn als einen Vater kennengelernt hat.

Diese Frau weiß zwar auch, das auch Männer mal Kinder waren und das kann sie auch so hinnehmen. So mancher derer gehört zu ihrem Freundeskreis, aber dann muss es eben doch als Lebenspartner dieses Männerideal sein und dazu gehöre ich einfach nicht. Damit muss ich leben, damit bin ich nicht geboren worden. Ich habe andere Qualitäten. Ich bin intelligent  sehe jungenhaft gut aus, habe Charme und Charisma, ich habe Tiefe und Witz, bin selten langweilig, eigentlich immer interessant. Ich bin androgyn und nicht dieses Männerideal und damit muss ich klar kommen.


Allerdings liebe ich nunmal gerade diese Frauen, die nicht auf den Jüngling abfahren. Meine Frau braucht den selbstbewussten Mann, der auch ein bisschen Arschloch ist. Meine Frau hat klare Vorstellungen und Ideen von ihrem Mann und in dieses Bild oder Schema passe ich nicht. Ich habe zwar alles, aber entspreche eben nicht diesem Puzzlestück. Das ist mein Pech. Was kann ich also tun? Soll ich mir eine Bassstimme zu legen oder sowas wie einen Bart zulegen oder mir die Haare Schwarz färben? 

Ich muss eben damit leben, dass ich nicht dieses Männerideal bin. Noch nicht erwachsen geworden bin, noch nicht die Reife habe, noch nicht das Selbstbewusstsein und das Durchsetzungsvermögen habe und vielleicht ändert sich das auch nie, doch damit muss ich eben leben.

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tim.a.elstner(at)gmail.com